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Neue Wege bei der Regulierung im Personenschadensrecht – „Punitive damages“, das „System der taggenauen Schmerzensgeldbemessung“ und der „Härtefonds“

I. „Punitive damages“, als zulässiger zusätzlicher Strafschadenersatz?

Fast jeder Jurastudent in Deutschland kennt den Fall aus den USA vor nunmehr rund zwanzig Jahren, bei dem sich eine Kundin einer Fastfood-Kette an einem Kaffeebecher verbrannte und dafür eine Millionen-Dollar-Entschädigung verlangte. Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch die juristische Fachlandschaft; das Medienecho war gewaltig. Aufgrund der immensen Ansprüche wurde das US-amerikanische Schadensrecht allseits als absurd abqualifiziert, zumindest aber belächelt.

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt indes, dass viele Juristen über diesen Fall informiert sind, nichts jedoch über die Details wissen. Wer diese aber kennt, dem erschließt sich ein völlig anderes Bild:

„Liebeck ./. McDonald’s:
Die Geschädigte befand sich in einem Fahrzeug, wo sie beim Entfernen des Plastikdeckels eines Kaffeebechers den gesamten Inhalt verschüttete. Da sie den Becher zwischen den Knien hielt, floss er über ihre Beine und wurde von ihrer Jogginghose aufgesaugt. Sie erlitt dadurch Verbrennungen dritten Grades auf 6 % ihrer Körperoberfläche und musste acht Tage im Krankenhaus verbringen, wo auch eine Hauttransplantation erforderlich wurde. Von den Unfallfolgen hat sich die Geschädigte gesundheitlich nie wieder richtig erholt.
Die Geschädigte verlangte daraufhin von McDonald’s 20.000,- US-Dollar Ersatz für die Behandlungskosten und sonstiger Schäden. Diese war jedoch lediglich bereit, 800,- Dollar zu regulieren. In dem folgenden Prozess stellte sich heraus, dass zwischen 1982 und 1992 über 700 Ansprüche im Zusammenhang mit zu heißem Kaffee gegen McDonald’s erhoben worden waren. Trotz dieser Vorfälle senkte die Kette die Temperatur des Kaffees nicht ab. Die Jury sprach der Geschädigten daraufhin 2,7 Millionen Dollar Strafschadenersatz zu („punitive damages“), der vom Richter auf 480.000 US Dollar reduziert wurde. Weiter wurde ein Schmerzensgeld von 200.000 US-Dollar zuerkannt und aufgrund des 20prozentigen Mitverschuldens auf 160.000 US-Dollar herabgesetzt. Im Anschluss daran gingen beide Parteien in Berufung und einigten sich auf einen Vergleich, über dessen Höhe in der Öffentlichkeit nichts bekannt wurde.“

Der Fall macht plastisch deutlich, welche grundlegenden Unterschiede zwischen der US-amerikanischen und der deutschen Rechtslage im Bereich des Personenschadens bestehen. Zusätzlich zu dem zugesprochenen materiellen Schadenersatz und dem Schmerzensgeld treten im anglo-amerikanischen „Common Law“ die „Punitive damages“ als weitere Strafschadenersatzansprüche hinzu, die zum Zweck haben, den Beklagten für sein Verhalten abzustrafen, ihn davon abzuhalten, dieses rechtswidrige Verhalten erneut zu setzen (Spezialprävention) und auch andere davon abzuhalten (Generalprävention). Vor dem Hintergrund der erlittenen Verbrennungen und der Gesundheitsfolgen für die Geschädigte ist es nicht nachvollziehbar, weshalb McDonald’s im Vorfeld des Prozesses lediglich mit 800,- US-Dollar regulieren wollte. Stellt sich sodann auch noch heraus, dass es sich hierbei nicht um einen Einzelfall handelt sondern hunderte Betroffene existieren, ohne dass die Firma Anstalten macht hierauf ihre Kaffeetemperatur zu senken, erfüllt ein entsprechender Strafschadenanspruch genau seinen Zweck: Der Schädiger ist für sein Verhalten abzustrafen. Berücksichtigt man noch die Firmengewinne, die die Fastfoodkette durch den Abverkauf der Kaffeebecher erzielt, stellt die zugesprochene Summe der Höhe nach nicht einmal den Erlös des Unternehmens dar, das es pro Tag mit dem Kaffeeverkauf erwirtschaftet. Die vorgenannten Punkte stellen die Relationen daher wieder her.

Die „Punitive damages“ sind der deutschen Rechtsprechung, die dem „Civil Law“ unterliegt, völlig fremd. Das deutsche Schadenrecht ist getragen vom Kompensationsgedanken, d.h. der Geschädigte soll nicht weniger, aber auch nicht mehr als dasjenige verlangen dürfen, was ihm nach dem normalen Verlaufe der Dinge – ohne das schädigende Ereignis – zusteht. Sanktions- und Präventionsgedanken bleiben in Deutschland dem Strafrecht vorbehalten. Vor dem Hintergrund der Globalisierung und Mobilität in der heutigen Zeit stellt sich aber die Frage, ob diese Gegensätzlichkeit der Rechtssysteme eigentlich noch den modernen Zeiten Rechnung tragen kann; ob sie also noch „up to date“ ist.

Trotz der Unterschiedlichkeit der Rechtslagen sind Tendenzen erkennbar, auch in Deutschland „punitive damages“ nicht von vornherein auszuschließen. Sowohl der Bundesgerichtshof (BGHZ 118, 312, 337/338) als auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 80, 137 ff; BVerfGE 91, 335) hatten sich schon mit der Frage zu befassen, welchen Einfluss dieser Strafschadenersatz auf das deutsche Recht haben. Salopp formuliert kommen die Gerichte zum Ergebnis, dass die Punitive damages grundsätzlich keine offensichtliche Verletzung oder Gefährdung unverzichtbarer Grundsätze des deutschen Staates darstellen, insofern sie nicht einen Betrag in „extensiver“ Höhe ausweisen, die in überhaupt keiner Relation mehr zu dem eingetretenen Schaden stehen.

Im Bereich des Personenschadensrechtes ist in der deutschen Rechtsprechung der Umfang der zugesprochenen Schmerzensgelder grundsätzlich von der Intensität der Körperverletzung abhängig, wobei eine leichte Tendenz zur Zusprechung höherer Beträge bei erheblichen Gesundheitsschäden festzustellen ist. Die gesetzliche Vorschrift des § 253 II BGB führt explizit eine „billige Entschädigung in Geld“ aus. Was jedoch als „billig“ angesehen wird, bleibt der Interpretation und der Einzelfallabwägung vorbehalten, wobei hinsichtlich der Bemessung alle Umstände zu berücksichtigen sind.

Vom auf Seiten des Geschädigten tätigen Rechtsanwaltes  werden die von der deutschen Rechtsprechung zugesprochenen Schmerzensgeldsummen schon seit langem als untersetzt kritisiert: Es ist schwer einzusehen, dass der pönale Charakter bei der Zumessung im Grunde kaum eine Rolle spielt. Wenigstens was die Hinauszögerung der Schadenregulierung durch eine Versicherungsgesellschaft zugunsten des Verletzten angeht, sollte sich diese bei der Schadenzumessung deutlicher bemerkbar machen. Auch hierbei lässt ein Blick über den Atlantik aufhorchen. Eine Steilvorlage bietet folgender Fall aus dem US- Bundesstaat Mississippi:

„Die verklagte Unfallversicherung weigerte sich, eine berechtigte Regulierung eines Schadens von 20.000,- US Dollar vorzunehmen. Zwar erfüllte dieses den Tatbestand des Betruges im Staate Mississippi, allerdings sah die Straftatverwirklichung nur eine Höchststrafe von 1.000,- US Dollar vor. Angesichts der Lukrativität einer routinemäßigen Zurückweisung von Regulierungsforderungen der Versicherten hatte die Strafandrohung die Versicherung nicht von ihrem Verhaltensmuster abzubringen vermocht. Neben actual damages in Höhe von 20.000,- US Dollar wurden Punitive damages von 1,6 Millionen US-Dollar zugesprochen, was 0,5 % des Eigenkapitals der Versicherungsgesellschaft entsprach. “

Quintessenz: „Punitive damages“, also ein Strafschadenersatz, der über den reinen kompensatorischen Ersatz hinausgeht, sind nicht per se zu „verteufeln“, sondern haben durchaus ihre Berechtigung und sind aus dem Common Law nicht wegzudenken. Eine Eins-zu-eins-Übernahme ins Civil Law wird es nicht geben, das ist aber auch gar nicht notwendig. Dem deutschen Rechtssystem stehen bereits jetzt mit ihren Rechtsvorschriften genügend Möglichkeiten zu, über einen rein kompensatorischen Ersatz hinaus, weitergehende immaterielle Ansprüche zu befriedigen. Nur davon sollte die Rechtsprechung halt auch Gebrauch machen und das in erheblich höheren Maße als bisher.

II. Das „System der taggenauen Schmerzensgeldbemessung“:

Einen ganz anderen Weg schlägt der Berliner Rechtsgelehrte Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität zu Berlin ein. Er wählt ein System, bei dem sich Schmerzensgeldansprüche  taggenau berechnen lassen sollen:

Ausgehend von dem Grundgedanken, dass eine Rechtsschutzlücke hinsichtlich der Bemessung der Schmerzensgeldhöhen existiert und die momentan zugesprochenen Schadensummen deutlich untersetzt sind, legt er zunächst anhand der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes aus 1955 zum Schmerzensgeldanspruch aus § 253 II BGB  deren Kriterien dar und weist auf die zugesprochene Doppelfunktion – der Genugtuung und des Ausgleiches – für die erlittenen Schäden hin. Er führt aus, dass die Genugtuungsfunktion in denjenigen Fällen, in denen der Ausgleich seiner Natur nach nicht möglich ist, in denen die Lebensbeeinträchtigungen zu groß, zu stark und zu elementar sind, eine neben die Ausgleichsfunktion tretende ergänzende, letztlich auf Kompensation gerichtete Funktion übernimmt der zwar kein Strafcharakter innewohnt, die aber doch eine Art „Buße“ oder eben Genugtuung für zugefügte körperliche und seelische Leiden darstellt. Diese Kriterien habe der BGH zwar im Jahre 1955 genannt, aber man vermisst weitgehend deren Fortschreibung, das heißt in der Mehrzahl der Fälle würde der BGH sowohl zu den Schmerzensgeldkriterien als auch zur Höhe des Schmerzensgeldes schweigen. Das bedeutet, die Rechtspraxis suche nach objektivierenden Maßstäben für die Bemessung des Schmerzensgeldes; ein verbindlicher Katalog fehle. Die bisherige Praxis berufe sich zwar auf vergleichbare Fälle und Fallgruppen, so wie sie etwa in Schmerzensgeldsammlungen veröffentlicht werden. Diese Schmerzensgeldsammlungen seien aber durch keinerlei überprüfte oder überprüfbare Systematik gekennzeichnet. Abweichungen zwischen den Schmerzensgeldern bei ansonsten vergleichbaren Sachverhalten seien in der Praxis außerordentlich hoch – Schwankungen zwischen 20 % und mehr als 100 % seien nicht ungewöhnlich. Diese Rechtsschutzlücke will er mit dem System der taggenauen Bemessung des Schmerzensgeldes füllen.

Er führt weiter aus, der BGH habe als Maßstab für die Vergleichbarkeit von Verletzungsfolgen zwar immer auf die „Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden“ abgestellt, meine damit aber eigentlich die daraus resultierende „Lebensbeeinträchtigung“. Um diese Lebensbeeinträchtigung objektivieren und messen zu können müsse man zunächst nach den Behandlungsstufen fragen, die ein Patient durchlaufen muss. Die stärkste Lebensbeeinträchtigung erfahre der Patient auf der Intensivstation, die zweitstärkste auf der Normalstation im Krankenhaus: Danach folgen Reha – Maßnahmen, danach ambulante Behandlungen zuhause und schließlich ginge es um die Frage, ob der Patient durch den Unfall eine dauerhafte Lebensbeeinträchtigung davonträgt.

Im Ergebnis teilt Prof. Schwintowski die konkreten Schadenfälle in drei Stufen auf und kommt auf Stufe eins zunächst zu klaren Feststellungen der prozentualen Höhe der Tagessätze. Ausgehend von der Lebensbeeinträchtigung, die die verschiedenen Behandlungsstufen bestimmen, schlägt er vor:
– Intensivstation: 15 % täglich des monatlichen Durchschnittseinkommens
– Normalstation:  10 % täglich des monatlichen Durchschnittseinkommens
– Rehabilitation:    9 % täglich des monatlichen Durchschnittseinkommens
– Ambulant :          8 % täglich des monatlichen Durchschnittseinkommens
– Dauerschaden     7 % täglich (bei 100 % GdS) des monatlichen Durchschnittseinkommens – bei weniger als 100 % entsprechend reduziert.

Realistisch werden diese Prozentsätze durch die Verbindung mit dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Bundesbürger, das im Jahre 2011 2.670,16 Euro betrug. Danach beträgt das Schmerzensgeld für einen Tag auf der Intensivstation ca. 400,- Euro, für den Tag auf der Normalstation sind es ca. 267,- Euro, für die Rehabilitation ca. 240,- Euro und für einen Tag ambulant zuhause ca. 213,- Euro, während eine Person, die einen 100 % Dauerschaden erleidet, pro Tag einen Betrag von ca. 187,- Euro an Schmerzensgeld erhält.

In einer zweiten Stufe sollen individuelle Zu- und Abschläge ermöglicht werden, je nach Gestaltung der Schwere des Falles. Die sich aus dem besonderen Verschuldensgrad, aus den beiderseitigen Vermögensverhältnissen und aus anderen Faktoren ergeben, die den Einzelfall prägen (§287 ZPO).

Die dritte Stufe soll der Präventionsfunktion des Haftungsrechtes Rechnung tragen, damit sich über die Höhe des Schmerzensgeldes letztlich doch das Verhalten derjenigen, die schwere Schäden angerichtet haben, ändert. Verwiesen wird auf Studien, die den Geldbetrag zu ermitteln versuchen, den die Mitglieder einer Risikogruppe aufzuwenden bereit sind, um das Risiko zu vermindern. Danach ergibt sich für das Risiko eines tödlichen Unfalles ein Betrag, der zwischen 1 – 2 Millionen Euro als Wert der Todesverhütung schwankt, für schwere körperliche Verletzungen, z.B. obere Querschnittslähmung wird ein Schmerzensgeld von etwa 1,5 Mio. Euro unter Abschreckungsgesichtspunkten angemessen sein. Momentan bewegen sich die zugesprochenen Beträge bei rund einem Zehntel dieser Summe.

Sodann geht Prof. Schwintowski noch auf Einzelfälle ein, wie u.a. die eine taggenaue Bemessung des Zinsschadens und zeigt auf, dass das System der taggenauen Bemessung des Schmerzensgeldes weder die Versicherungsgesellschaften noch die Versichertengemeinschaft überfordern würde, da die aus dem System resultierenden Lasten wirtschaftlich angemessen auf alle Schultern verteilt werden könnten.

Die Anregung zur taggenauen Schmerzensgeldbemessung stellt sich für den Rechtspraktiker als ein gelungener Versuch dar, die momentan bestehende Rechtsschutzlücke zur Höhe des Schmerzensgeldes und der momentan völlig untersetzten zugesprochenen Schadensummen zu füllen. Es lässt sich darüber streiten, ob man tatsächlich die Behandlungsstufen Intensivstation, Normalstation, Reha – Maßnahmen und ambulante Behandlung zuhause zum Maßstab nimmt. Subjektiv empfindet sicher jeder Geschädigte die jeweilige Behandlungsstufe, in der er sich befindet, anders. Aber es kommt für die Rechtspraxis notwendigerweise auf objektivierende Orientierungsmaßstäbe an. Dazu bietet das System Ansätze, die nicht einmal einer gesetzgeberischen Intervention bedürfen, zumal sie de lege lata bereits durch die bestehende Gesetzeslage eins zu eins umsetzbar wären.

3. Härtefonds/Entschädigungsfonds

Opferschutzverbände, Verbraucherschützer, Patientenorganisatoren und Anwälte die auf Geschädigtenseite tätig sind, verlangen seit vielen Jahren von Seiten der Politik die Geschädigtenrechte zu stärken. Jeder auf dem Gebiet des Patientenrechtes tätige Jurist weiß, dass allen besseren Beteuerungen zum Trotz das als „Reform“ avisierte neue „Patientenrechtegesetz“ nichts weiter als eine „Mogelpackung“ ist,  ohne jede relevante Verbesserung für den Geschädigten. Körperlich geschädigte Patienten müssen nach wie vor gegen eine oftmals regulierungsunwillige Versicherungswirtschaft ankämpfen, die nicht nur in Einzelfällen, wie oftmals kolportiert, keine Mühen scheut sich ihrer Regulierungspflicht zu entziehen. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft weist in einer Stellungnahme zu Reformvorschlägen von Opferseite darauf hin, der jetzige Rechtsrahmen habe sich bewährt. Das ist richtig, allerdings nur für die Versicherer, nicht jedoch für die Betroffenen von Personenschäden.

Insbesondere enthält das Gesetz keinerlei Regelungen zu einem Entschädigungsfonds für Patienten, obwohl dieser nicht nur von Patientenschutzorganisationen und Opferverbänden, sondern auch Vertretern der politischen Opposition im Bundestag und sogar vom Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), immer wieder ins Gespräch gebracht wurde. Gerade aufgrund der für den Rechtspraktiker bekannten Regulierungsproblematiken, aber auch den langen Verfahrensdauern sollte daher auf die Einführung eines entsprechenden Fonds für den Bereich des Patientenrechtes hingewirkt werden. Die Ausgestaltung dieses Fonds ließe sich problemlos bewerkstelligen, zumal auch hier auf bereits bestehende Entschädigungsmodelle zurückgegriffen werden könnte, die in anderen Bereichen bestehen. Zu denken ist dabei insbesondere an Regelungen der §§ 12 ff. Pflichtversicherungsgesetz, die für genau diejenigen Fälle eintreten, in denen geschädigte Verkehrsopfer durch das System fallen und auf ihren Ansprüchen sitzen bleiben.

Der Verein Verkehrsopferhilfe e.V. wurde im Jahre 1963 von allen Autohaftpflichtversicherern, die dem früheren HUK-Verband angehörten, gegründet: Mit Wirkung vom 01.01.1966 wurde ihm die Stellung des gesetzlichen Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen und seit dem 01.01.2003 die Stellung der Entschädigungsstelle jeweils mit Zustimmung zugewiesen.

Der Garantiefonds ist eingerichtet worden, um letzte Lücken im Pflichtversicherungsgesetz zu schließen und um die Verkehrsopfer vor Härten zu bewahren, gegen die sie sich am wenigsten schützen können. Er reguliert nach den §§ 12 ff. Pflichtversicherungsgesetz u.a. Schäden, die durch den Gebrauch eines nicht zu ermittelnden beziehungsweise pflichtwidrig nicht versicherten Kraftfahrzeuges entstanden sind oder mit einem Kraftfahrzeug vorsätzlich oder rechtswidrig herbeigefügt werden. Ferner ist er zuständig im Falle einer Insolvenz eines in Deutschland tätigen Autohaftpflichtversicherers. Die gesamten Schadenaufwendungen werden allein von den Autohaftpflichtversicherern getragen: Die öffentliche Hand beteiligt sich nicht. Jeder kann sich an den Verein wenden; man muss kein Mitglied sein.

Das Bundesland Hamburg ist aktuell mit Reformvorschlägen vorgeprescht, die genau in diese Richtung zielen: Cornelia Prüfer-Storcks, Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz in Hamburg will einen Entschädigungsfonds einrichten, aus dem Opfer nach einem Behandlungsfehler rasch und unbürokratisch finanzielle Unterstützung erhalten sollen. Der Vorschlag des Senates zielt auf eine bundesmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechtes hin, wobei Gesetzgebungs- und Handlungskompetenz auf den Bund fiele. Es sollen durch diesen Fonds jährlich rund 20.000 Fälle positiv beschieden werden. Dafür sei eine erste Finanzausstattung von etwa 100 Millionen Euro notwendig. Hamburg hat damit unter den deutschen Bundesländern eine Vorreiterrolle eingenommen, der die anderen Bundesländer nachfolgen dürften.

Dr. Dirk Christoph Ciper, LL.M.
Fachanwalt für Medizinrecht in Berlin